06.08.2010
Neuerungen im Vergaberecht
In BGBl I 2010/15 wurde eine weitere Novelle des Bundesvergabegesetzes (BVergG) 2006 verlautbart, welche am 5.3.2010 in Kraft getreten ist. Ziele der Novelle waren die Anpassung an das geltende europarechtliche Richtlinienregime, eine effizientere und ökonomischere Gestaltung des Vergabeprozesses zur Reduktion der (Beteiligungs)Kosten sowie eine effektivere Gestaltung des Rechtsschutzes. Änderungen gibt es vor allem in folgenden Bereichen:
Änderungen im Rechtsschutzregime
Implementierung des neuen Berufsanerkennungsregimes
Reduktion der Verwaltungskosten für Unternehmer
Förderung der elektronischen Auftragsvergabe
Erweiterung der Liste der zentralen öffentlichen Auftraggeber
Weitergabe des gesamten Auftrages
Änderungen bei Vergabe von Dienstleistungskonzessionen und nicht-prioritären Dienstleistungsaufträgen
Änderungen im Zusammenhang mit der Zuschlagsentscheidung
Änderungen im Rechtsschutzregime
Die wichtigste Änderung ist die Erweiterung der Kompetenz des Bundesvergabeamtes (BVA). Das BVA als Verwaltungsbehörde kann auf Antrag im Anschluss an das Feststel-lungsverfahren zivilrechtliche Verträge für nichtig erklären. Im Oberschwellenbereich wirkt diese Nichtigerklärung ex tunc. Von dieser Vorgangsweise ist nur abzusehen, wenn der Auftraggeber dies beantragt bzw wenn ein Allgemeininteresse an der Aufrechterhal-tung des Vertrages vorliegt. Im Unterschwellenbereich erfolgt die Nichtigerklärung, wenn die Vorgangsweise des Auftraggebers offenkundig unzulässig war. Als gelinderes Mittel kann das BVA eine Geldbuße iHv bis zu 20 % des Auftragswertes verhängen, welche die Wiederherstellung des fairen Wettbewerbs ermöglichen soll.
Zwischen Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung und dem Vertragsabschluss beträgt die Stillhaltefrist nicht mehr vierzehn, sondern nur noch zehn Tage. Weiters wurden die Fristen für die Einleitung eines Feststellungsverfahrens geändert. Sechs Monate nach Vertragsabschluss ist eine Anfechtung nicht mehr zulässig. Macht der Auftraggeber frei-willig eine Zuschlagsentscheidung bekannt, wird diese Frist auf 30 Tage verkürzt.
Die Regelungen über die Widerrufsentscheidung wurden an die Regelungen der Zu-schlagsentscheidung angepasst. Auf Antrag eines Bieters kann das BVA den Widerruf bei Vorliegen eines bestimmten Verstoßes für unwirksam erklären, wenn das Interesse des Bieters an der Fortführung des Verfahrens das Interesse des Auftraggebers an der Been-digung des Verfahrens überwiegt.
Wie bisher sind Verträge, die während der Stillhaltefrist abgeschlossen werden, absolut nichtig. Das gleiche gilt für Zuschlagserteilungen gegen den Suspensiveffekt eines gegen die Zuschlagserteilung gerichteten Auftrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Neu ist unter anderem die Nichtigerklärung der Verträge, welche ohne die die Stillhalte-frist auslösende Mitteilung der Zuschlagsentscheidung abgeschossen wurden. Planen Auf-traggeber unter Berufung auf einen Ausnahmetatbestand Aufträge direkt oder etwa nach Durchführung eines Verhandlungsverfahrens mit nur einem Bieter zu vergeben, besteht die Möglichkeit vorab eine entsprechende Bekanntmachung zu veröffentlichen, welche das Risiko einer nachträglichen Nichtigkeitserklärung ausschließt.
Implementierung des neuen Berufsanerkennungsregimes
Die Voraussetzungen, unter denen ein in einem EWR-Staat niedergelassenes Unterneh-men bestimmte Tätigkeiten in Österreich ausüben kann, sind neu geregelt. Für die vorü-bergehende und gelegentliche Dienstleistungserbringung in Österreich ist nur mehr bei sogenannten reglementierten Gewerben eine entsprechende Anzeige an das BMWA erfor-derlich. Das bisherige Anerkennungs- und Gleichhaltungsregime ist somit nicht mehr zwingend anzuwenden. Eine bescheidmäßige Anerkennung ist nur mehr zur Errichtung einer Niederlassung erforderlich.
Reduktion der Verwaltungskosten für Unternehmer &emdash; Neugestaltung des Nachweissys-tems betreffend die Eignung von Unternehmen
Durch Änderungen insbesondere im Bereich der Eignungsprüfung sollen Unternehmen entlastet und die Verwaltungslasten reduziert werden. Bisher mussten Unternehmer zum Nachweis ihrer Eignung umfangreiche Dokumentationen erstellen und teilweise kosten-pflichtige Bescheinigungen von öffentlichen Stellen einholen und einreichen.
Der Auftraggeber hat weiterhin festzulegen, mit welchen Nachweismitteln die Bieter ihre Eignung zu belegen haben. Eine Eigenerklärung des Unternehmers soll belegen, dass er über die geforderten Eignungsnachweise verfügt. Eine falsche Eigenerklärung hat verwal-tungs- und zivilrechtliche Konsequenzen. Zwingend ist die Vorlage von Nachweisen nur mehr vom Zuschlagsempfänger bei größeren Aufträgen. Bei geringfügigen Aufträgen kann der Auftraggeber jedoch ohne Begründung die Vorlage bestimmter Nachweise vom Bieter verlangen, welche der Bieter ohne unnötige Verzögerung vorzulegen hat.
Änderungen im Zusammenhang mit der Zuschlagsentscheidung
Die geänderte Fassung sieht eine vereinfachte Regelung für die Voraussetzungen, unter denen eine Mitteilung der Zuschlagsentscheidung unterbleiben kann und daher auch kei-ne Stillhaltefrist eingehalten werden muss, vor. Es besteht keine Verpflichtung zur Mittei-lung, wenn der Zuschlag dem einzigen (verbleibenden) Bieter erteilt wird oder bestimmte Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt werden oder die Leistung auf Grund einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssys-tems vergeben wird.
Durch die freiwillige Bekanntmachung der Entscheidung wird der Auftraggeber nicht von seiner Verpflichtung entbunden, allfälligen Parteien des Vergabeverfahrens die Zu-schlagsentscheidung mitzuteilen. Weiters muss nun die bekannt zu machende Zuschlags-entscheidung bestimmte Mindestinformationen enthalten.